Fast 100 Jahre Kneipe und Hotel auf St. Pauli

Das Hong-Kong ist ein Stück Hamburger Geschichte

Die Hotel Hong-Kong Kneipe

Handelsbeziehungen zwischen China und Hamburg verliefen seit dem 17. Jahrhundert vorwiegend über die Seewege. Viele chinesische Seeleute ließen sich im Laufe der Jahrhunderte in den großen Hafenstädten nieder und gingen dort neuen Wirtschaftsaktivitäten nach.
Auf St. Pauli eröffneten Chinesen zu Beginn des 20. Jahrhunderts in der Schmuckstraße Lokale, Unterkünfte, ein Heuerbüro und einen Tabakladen und bald wurde das Viertel unter den Einheimischen als >>Chinesenviertel<< bekannt.

1936 kam der gelernte Koch Chong Tin Lam nach Hamburg und eröffnete in der damaligen Heinestraße, dem heutigen Hamburger Berg, sein eigenes Lokal: die Gaststätte Hong-Kong. Aus dieser Zeit gibt es bis heute Gerüchte über Tunnelgänge, versteckte Opiumhöhlen und illegale Glücksspiele. Tatsächlich befindet sich im Keller des Hong-Kong ein zugemauerter Tunneleingang und eine alte Badewanne, die auf Opiumrituale hindeutet. An den Mythen scheint also etwas dran zu sein.

Bei Seefahrern und internationalen Touristen war der Ort aber vor allem zum geselligen Feiern, Übernachten und für seine kantonesischen Spezialitäten beliebt, wenn sie sich für einige Tage im Vergnügungsviertel von Hamburg tummelten.

Die dunklen Jahre des Deutschen Nationalsozialismus trafen die Chinesen auf St. Pauli hart. Am 13. Mai 1944 führte die Gestapo die sogenannte >>Chinesenaktion<< durch: alle in Hamburg verbliebenen Chinesen wurden verfolgt, verhaftet und in Konzentrationslagern misshandelt. Mindestens 17 von ihnen wurden getötet.

Chong Tin Lam überlebte die Gefangenschaft. Nach dem Krieg kehrte er als einer der wenigen Chinesen nach Hamburg zurück. Er konnte das Hong-Kong, das zwischenzeitlich enteignet worden war, mit neuen Konzessionen zurückgewinnen und erweiterte die Gaststätte um einen Hotelbetrieb. Chong Tin Lam führte das Hotel bis zu seinem Tod 1983 weiter.

1981 kam seine Tochter, Mariette Solty, von Heidelberg nach Hamburg, um Ihren bereits schwer kranken Vater zu unterstützen. Sie arbeitete sich in den Bar- und Hotelbetrieb des Hong-Kong ein und übernahm es nach dem Tod ihres Vaters.

Mit Mariette kamen einige Neuheiten in den Betrieb. Das Hotel wurde zu einer Pension mit Langzeitgästen. Das Hong-Kong war nie eines der Stundenhotels von St. Pauli, in denen die Gäste mit leichten Damen eine frivole Zeit verbrachten. Ganz im Gegenteil: Mariette schaute sich Ihre Gäste genau an und entschied, wen sie aufnehmen wollte und wen nicht.

Vertrauen war ein wichtiges Gut auf St. Pauli und viele Menschen, die hier lebten und täglich in den Kneipen ein- und ausgingen, vertrauten den Wirten mehr als ihren Banken. So zählte auch das Hong-Kong bald zu den sogenannten >>Sparklubs << , die zu jener Zeit auf St. Pauli entstanden. Stammgäste steckten einen Teil ihres monatlichen Einkommens in Schlitze kleiner Tresorfächer. Die Wirte verwalteten das Geld. An bestimmten Stichtagen eines Jahres wurde das Geld dann ausgezahlt oder auf ein spezielles Konto übertragen.

Zudem hat Mariette als erste das >>Drachenblut<< im Hong-Kong ausgeschenkt, das heute als Mexikaner bekannt ist. Die Shots werden in einem kleinen Körbchen mit jeweils sechs Kurzen serviert und zählen bis heute zu den besten der Stadt. Das Hotel Hong-Kong ist bis heute einer der wenigen Orte, der noch aus der Zeit des einstigen Chinesenviertels auf St. Pauli übriggeblieben ist.

Mariette Solty ist 2021 verstorben, doch das Hotel Hong-Kong lebt mit seiner Tradition weiter und wir freuen uns auf alle, die uns besuchen kommen.